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10.10.2018

Steirische RektorInnen im Gespräch

Wissenschaft und Medien diskutieren im Styria Media Center

Steirische RektorInnen im Gespräch

Kleine Zeitung GmbH & Co KG / Jürgen Fuchs

5. Oktober 2018 – Nach dem Studium ist vor der Weiterbildung: Neun steirische Rektoren fordern Initiativen zur Weiterbildung, um Berufstätige fit für die zweite Karriere-Etappe zu machen.

Die Geschlossenheit und gute Kooperation unter den neun steirischen Rektoren war beim großen Hochschulgipfel auf Einladung der Kleinen Zeitung auf dem Dach des Styria Media Centers in Graz deutlich zu merken: „Unser Standort ist österreichweit ein Vorbild“, erzählten etwa Uni-Rektorin Christa Neuper oder TU-Chef Harald Kainz. Chefredakteur Hubert Patterer, Geschäftsführer Thomas Spann und Redaktionsmanager Bernd Olbrich haben eingeladen und interessieren sich für die Vielfalt der Hochschulen. Rektorin Neuper: „Wir betreuen rund 68.000 Studierende in Graz, Leoben, Kapfenberg und Bad Gleichenberg mit rund 15.000 Mitarbeitern.“

Hier wird der hoch qualifizierte Nachwuchs ausgebildet, der dann zum Beispiel in der Industrie dringend benötigt wird. „Es raufen sich alle um unsere Absolventen“, so Montanuni-Chef Wilfried Eichlseder. Speziell gefragt sind Absolventen naturwissenschaftlicher Fächer. Es gab da zwar zuletzt beachtliche Zuwächse, aber die Nachfrage ist noch immer viel größer. Mit einer eigenen Broschüre, die auf dem Styria-Dach präsentiert wurde, sollen daher verstärkt Schülerinnen und Schüler für die sogenannten Mint-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) angesprochen werden. Doch gerade da hapert es mit der jetzigen Regierung, wie die Rektoren der beiden Fachhochschulen, Kristina Edlinger-Ploder (FH Campus 02) und Karl Peter Pfeiffer (FH Joanneum) klagen. Die Regierung vernachlässige die Fachhochschulen, es gebe keine Budgetsicherheit, dringend notwendige Erhöhungen blieben aus. „Wo blieben die 100 Millionen aus der Bankenmilliarde, die für die Fachhochschulen versprochen waren?“, fragt sich Pfeiffer von der  FH Joanneum.

Rektorin Edlinger-Ploder vom FH Campus02 vermisst ein Bekenntnis zur qualitativ hochwertigen Weiterbildung für Arbeitnehmer ab 40: „Wir brauchen Bildung an allen Ecken und Enden“, um den Standort wettbewerbsfähig zu halten und die Arbeitnehmer für die Zukunft zu rüsten. Die Regierung sollte Signale und Anreize setzen, unterstützen auch die anderen Rektoren diese Forderung. Hochschulen wären bestens geeignet, diese Weiterbildung anzubieten. Leider sei dies derzeit kein Thema in der Regierung. „Das wird noch einen Rumpler machen“, fürchtet Edlinger-Ploder.

Die Universitäten, die finanziell zuletzt recht gut bedacht wurden, sind mit Bildungsminister Heinz Faßmann sonst sehr zufrieden: „Er versteht uns und unsere Anliegen“, so Kainz. Etwas enttäuscht sind hingegen die pädagogischen Hochschulen. „Wir erhofften uns eigentlich, dass wir in die Sektion Wissenschaft kommen. Aber es blieb vorerst alles beim Alten“, so PH-Steiermark-Chefin Elgrid Messner. Kollege Siegfried Barones von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Graz wiederum hofft auf eine künftige Teilautonomie. Derzeit sind die pädagogischen Hochschulen noch Dienststellen des Bundes. Der Hochschulgipfel findet zum Semesterauftakt statt und in der Woche, in der die Nobelpreise verteilt werden. Die Frage drängt sich auf: Warum sind wir Österreicher nicht dabei?

TU-Rektor Harald Kainz hat sich intensiv damit beschäftigt und möchte das Bild zurechtrücken, man hinke der Weltspitze hinterher. Wenn heimische Hochschulen unter 20.000 Universitäten weltweit in den Rängen bis 150 oder 200 auftauchen, dann sei das eigentlich im Spitzenfeld. Gerade an der Technischen Universität habe eine Gruppe von Informatikern rund um Professor Stefan Mangard zum Anfang des Jahres riesige Sicherheitslücken und Designfehler bei Computerchips aufgedeckt. Weltspitze also.

Andererseits: Im Vergleich zu den Top-Universitäten gebe es in Österreich eine „offene Pforte“: „Die Studentenmüssen nichts bezahlen und wir können sie uns auch nicht aussuchen“, sagt Kainz. „Da schütteln international alle die Köpfe.“

Medizin-Rektor Hellmut Samonigg verweist darauf, dass man viel mehr Geld benötigen würde, um Top-Forscher anzuheuern. Heute gelingen Berufungen oft nur dann, wenn man auch dem Partner des Kandidaten eine adäquate Stelle bieten kann. Dabei unterstützen sich die neun Hochschulen gegenseitig. Ein Sonderfall ist die Kunstuni Graz, die Spitzenleute aus der ganzen Welt anzieht, so Rektor Eike Straub. Dort hat man aber derzeit große Probleme mit dem Fremdenrecht. Es gibt auch andere Schattenseiten. So sei das Niveau mancher Studienbewerber bei den Aufnahmeprüfungen „erschütternd“, wie Siegfried Barones klagt. 30 Prozent beherrschten nicht einmal den Volksschul-Mathe-Stoff.

Auch Uni-Rektorin Christa Neuper schüttelt den Kopf, wenn sie an manche ihrer 32.000 Studierenden denkt: „Wir bieten ein eigenes Coaching für das Schreiben von Arbeiten bis hin zur Masterarbeit an. Und das Projekt ,Die lange Nacht der aufgeschobenen Seminararbeiten‘, bei dem wir Unterstützung anbieten, war so erfolgreich, dass wir es jetzt dauerhaft eingerichtet haben.“

Aufgezeichnet von Norbert Swoboda

DIE REKTOREN

UNIVERSITÄT GRAZ
„Plus 20 Prozent“
Christa Neuper: Wir betreuen in den steirischen Hochschulen 68.000Studierende in Graz, Leoben, Kapfenberg und Bad Gleichenberg mit rund 15.000 Mitarbeitern.

TECHNISCHE UNI
„Erst skeptisch“
Harald Kainz: Wir waren erst sehr skeptisch, was ein gemeinsames Ministerium Bildung und Wissenschaft betrifft. Aber wir sind jetzt zufrieden mit der Entwicklung.

MONTAN UNI LEOBEN
„Benötigen mehr“
Wilfried Eichlseder: Die Industrie braucht dringend junge Leute in technischen Fächern. Wir haben insgesamt nicht genügend Maturanten, die solche Studien wählen, wir benötigen deutlich mehr.

MEDIZIN-UNI GRAZ
„Viel mehr Geld“
Hellmut Samonigg: Um ganz vorne in dieTop Spitze der weltweiten Rankings vorzustoßen, würden wir wesentlich mehr Geld benötigen.

KUNSTUNI GRAZ
„Große Probleme“
Eike Straub: Wir haben zum Teil erhebliche bürokratische Schwierigkeiten bei Gastlehrern, aber auch bei Studierenden aus Nicht-EU Ländern.

FH JOANNEUM
„Keine Lobby“
Karl Peter Pfeiffer: Es gibt leider niemanden, der für die FH lobbyiert. Das uns versprochene Geld aus der Bankenmilliarde hat sich nie realisiert.

FH CAMPUS 02
„Rumpler geben“
Kristina Edlinger-Ploder: Wir brauchen Bildung an allen Ecken und Enden, berufsbegleitend. Aber da passiert nix, es wird einen Rumpler geben.

PH STEIERMARK
„Eine Sektion“
Elgrid Messner: Wir haben eigentlich erwartet und erhofft, dass Bildung und Wissenschaft in einer Sektion im Ministerium zusammenkommen.

KPH GRAZ
„Erschütternd“
Siegfried Barones: Bei den Aufnahmeverfahren ist das Niveau teilweise erschütternd. 30 Prozent beherrschen den Volksschulstoff gar nicht.